Festnahme in Badebekleidung wegen Verwaltungsübertretung - Haftgrund Änderung nicht zulässig

Tirol: 05.12.2016, LVwG-2016/12/1601-8
VStG. Bei Aussprache einer Festnahme nach § 35 Z 3 VStG ist die zwangsweise Mitnahme einer Person in Badebekleidung
eine die Menschenwürde beeinträchtigende, gröbliche Missachtung der betroffenen Person. Es kann keinesfalls als maßhaltend
und verhältnismäßig angesehen werden, wenn in Folge von – nicht allzu gravierend zu beurteilenden – Verwaltungsübertretungen
eine Frau im Bikini aus dem Schwimmbad auf die Straße zwangsweise abgeführt wird, zumal diese Vorgangsweise
als erniedrigend und demütigend zu qualifizieren ist und nur in besonderen Fällen gerechtfertigt sein könnte. Es ist mithin
nicht zulässig, dann, wenn sich der tatsächlich für die Festnahme maßgebend gewesene Grund als unzureichend erwiesen
hat, nachträglich den Haftgrund auszuwechseln und eine andere, besser geeignete gesetzliche Grundlage heranzuziehen
(vgl VfSlg 5232/1966, 12.433/1990, 12,727/1991; VwGH vom 22.10.2002, 2000/01/0527). Schließlich ist klarzustellen, dass
es sich bei dem von der Bademeisterin ausgesprochenen „Hausverbot“ um einen zivilrechtlichen Ausspruch handelt, dessen
Durchsetzung nicht durch Ausübung von – einer Behörde zurechenbaren – Befehls- und Zwangsgewalt rechtlich zulässig ist.

Quelle: Polizeirecht Aktuell Ausgabe 8/2017 vom 24.2.2017